Sonderausstellungen

"Biologische Invasionen"   Dezember 2012 – September 2013

Faltblatt (700KB)

Menschen transportieren täglich zahlreiche Tiere, Pflanzen, Pilze und Bakterien von Ort zu Ort – beabsichtigt oder nicht. So gelangen viele Organismen in Gebiete, die sie natürlicherweise nie erreicht hätten. Wenn sich die Organismen am neuen Ort etablieren, sich vermehren und ausbreiten können, bezeichnet man dies wissenschaftlich als Biologische Invasionen.

Auch in Jena finden solche Invasionen laufend statt. Wir machen deshalb in den Sommermonaten auf einige problematische Neophyten aufmerksam, wie das Orienalische Zackenschötchen und die Robinie.

„Invasive Arten können weitreichende Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben, aber auch große ökonomische und gesundheitliche Probleme verursachen“, sagt Dr. Gunnar Brehm, der die Ausstellung konzipiert hat. Bekannte „Invasoren“ in Thüringen sind z. B. die Kanadische Goldrute, die inzwischen an fast jeder Böschung zu finden ist, und der nordamerikanische Waschbär. Weil die Pelztiere so putzig aussehen und weil viele invasive Pflanzen ursprünglich von Gärtnern eingeführt wurden, wird ihr stetiges Vordringen oft zunächst gar nicht als störend wahrgenommen. „Invasive Arten verdrängen aber heimische Tier- und Pflanzenarten, deren Lebensraum immer weiter eingeschränkt wird“, erläutert Brehm. So gehen etwa die Bestände anderer Marienkäferarten signifikant zurück, seit der Asiatische Marienkäfer Ende der 1990er Jahre in Europa seinen Siegeszug angetreten hat. Die Zahl der bisher bekannten gebietsfremden Pflanzen- und Tierarten in Europa liegt bereits bei über 12.000 – Tendenz steigend. Laufend werden neue Arten eingeschleppt, z. B. in jüngerer Zeit der gefürchtete Asiatische Laubholzbockkäfer, die krankheitsübertragende Asiatische Tigermücke oder eine Pilzart, die Eschen befällt und zum Absterben bringt. „Auch Thüringen ist von diesem Problem bereits stark betroffen“, weiß der Zoologe Brehm.

Dabei hat Europa keineswegs die größten Probleme mit invasiven Arten. „Isolierte Inselgruppen wie Hawaii oder Neuseeland weisen den höchsten Anteil gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten auf“, sagt Brehm. Eingeführte Ratten, Hunde, Katzen und Hermeline bedrohen unmittelbar seltene und weltweit einmalige Arten wie den neuseeländischen Kakapo, eine am Boden lebende große Papageienart. Ursprünglich gab es auf den Inseln keine räuberischen Säugetiere, auf die sich die heimische Fauna evolutionär hätte einstellen können. „Der Mensch ist gefordert, den angerichteten Schaden wieder rückgängig zu machen“, sagt der Ausstellungs-Kurator. Tatsächlich wurden bereits auf vielen Inseln die eingeschleppten Invasoren wieder erfolgreich entfernt.

Im Medusensaal des Phyletischen Museums werden mehr als 45 Exponate invasiver Arten aus Europa und Neuseeland gezeigt, auf dem Land und im Wasser. Die Ausstellung führt auch vor Augen, wer an der Verschleppung beteiligt ist, wie invasive Arten bekämpft werden können und was jeder Einzelne gegen den scheinbar unumkehrbaren Trend Biologischer Invasionen tun kann. Begleitet wird diese Ausstellung von einem Vortragsprogramm, bei dem Experten verschiedene Aspekte der Invasionsbiologie vorstellen. Weitere Informationen unter: www.phyletisches-museum.uni-jena.de/ausstellung-aktuelles.html.

 

„Neophyten im Mikroskop“

Parallel zur Sonderausstellung „Biologische Invasionen“ wird im Kubus des Phyletischen Museums ab dem 7. Dezember die Ausstellung „Neophyten im Mikroskop“ gezeigt. 15 großformatige Mikrofotografien des Schweizer Professors Fritz Schweingruber geben Einblicke in das Innere der Neophyten, also der pflanzlichen Invasoren. Schweingruber ist Spezialist für Dendrochronologie (Datierung des Alters von Bäumen anhand von Jahresringen) und die Anatomie von Holz. Fasziniert von den ästhetischen Strukturen des pflanzlichen Gewebes, hat er zahlreiche mikroskopische Dünnschnitte angefertigt, diese gefärbt und fotografiert. In den Bildern dominieren die Farben Blau und Rot, weil sich Zellulose und Lignin mit bestimmten Farbstoffen spezifisch färben und zum Leuchten bringen lassen. Die Bilder wurden mit normalem oder polarisiertem Licht aufgenommen und zeigen Muster, die mit bloßem Auge unsichtbar sind.

Das stammesgeschichtliche Gedächtnis dieser Strukturen reicht rund 300 Millionen Jahre zurück. Damals entstand das sogenannte sekundäre Dickenwachstum: Eine dünne Schicht teilungsfähiger Zellen – das Kambium – umgibt Wurzel, Stamm und Ast. Es bildet nach innen Holz und nach außen Rinde. Schweingrubers Bilder – aufgezogen auf Aluminium-Dibondplatten – zeigen die unendliche Gestaltungsmöglichkeit dieses Wachstumsprozesses auf.